"Gemeinsam Zeit für junges Ehrenamt schaffen"
Welchen Hürden stehen junge Ehrenamtliche in Berlin gegenüber und welche Lösungen kann es dafür geben? Darum ging es bei der Podiums-Diskussion beim Politischen Abend des Landesjugendring Berlin am Tag des Ehrenamts 2017. Am Ende des Gesprächs mit Vertreter_innen aus Jugendverbänden hatten die politischen Akteuer_innen ein konkretes Angebot.
„Ehrenamtliche sind gefragt“, so Marcel Hoyer, Vorsitzender des Landesjugendring Berlin in seiner Begrüßung. „Wer einmal ehrenamtlich im Jugendverband aktiv gewesen ist, wird schnell weiter eingebunden, auch in anderen Zusammenhängen.“ Doch junge Engagierte stehen auch einigen Hürden gegenüber – daher haben die 33 Jugendverbände im Landesjugendring sieben Forderungen gesammelt, die ehrenamtliches Engagement junger Menschen in Berlin erleichtern und sie in eine Kampagne gepackt. Um diese Forderungen ging es bei der Diskussion mit Abgeordneten.
Lehrpläne entschlacken und Ganztagsschule diskutieren
Sowohl die Politiker_innen als auch die Vertreter_innen aus den Jugendverbänden auf dem Podium sind seit vielen Jahren ehrenamtlich engagiert. Dass es zunehmend schwieriger wird, Jugendliche zu erreichen, die genug Zeit für Ehrenamt aufbringen können, betonte Isabell Wollenweber, Diözesanvorsitzende beim Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) Berlin: „Neben Schule, Hobbies, Lernen und Hausaufgaben bleibt kaum Zeit sich im Verband zu engagieren – gerade Schüler_innen brauchen Freiräume, zum Beispiel durch eine 35-Stunden-Schulwoche.“
Unterstützung bekam Wollenweber von Marianne Burkert-Eulitz (Bündnis 90/Die GRÜNEN): „Das Modell Ganztagsschule ermöglicht derzeit nicht genug Möglichkeiten sich zu engagieren, darüber müssen wir diskutieren.“ Christoph Brzezinski, Landesvorsitzender der Jungen Union Berlin ging sogar so weit, die Ganztagsschule generell in Frage zu stellen: Schließlich sei die Qualität der Schulabschlüsse dadurch auch nicht besser geworden. Hendrikje Klein (Die LINKE) ergänzte, dass Lehrpläne entschlackt werden müssten, um Ehrenamt zu ermöglichen. Bei dieser Position sei aber auch mit erheblichem Gegenwind zu rechnen.
Ehrenamt = Praktikum und Credits an Berliner Hochschulen
Eine andere Problematik, der Jugendverbände in Berlin gegenüber stehen, ist die Freistellung für Ehrenamt von Arbeit oder der Hochschule. Berlin ist weiterhin das einzige Bundesland, in dem es keine verbindliche Freistellungsregelung für Ehrenamt in der Jugendarbeit gibt. Isabell Wollenweber hat daher sogar ihre Vollzeitstelle reduziert, um mehr Zeit für ihr Ehrenamt zu haben. Dominik Ehlert und Stella Mederake von der BUNDjugend Berlin sprachen sich außerdem für mehr Anerkennung an Berliner Hochschulen aus: „Das Ehrenamt sollte man sich an der Uni als Praktikum oder mit Credits anrechnen lassen können.“
Auch an Hochschulen spiele der Zeitfaktor eine entscheidende Rolle, so Ehlert: „Wenn man tolle Ideen umsetzen möchte, findet sich zu oft keine Zeit, an der alle Beteiligten können.“ Gerade in den Schulsommerferien braucht es daher einen Ferienschutz für Studierende. „Wenn ich jede Woche Hausaufgaben für die kommende Woche bekomme, aber eine Woche lang als Teamer auf eine Freizeit fahre, bleibt die Hausarbeit eben liegen.“ In Zeiten von straffen Studienordnungen und Anwesenheitspflicht eine zusätzliche Hürde für ehrenamtliches Engagement.
„Die Forderungen gemeinsam mit den Ausschüssen voranbringen“
Welche Lösungen lassen sich schließlich finden, um junges Engagement gemeinsam mit der Politik zu erleichtern? Hendrikje Klein setzt dabei bei der Engagementstrategie an, die derzeit erarbeitet wird. Die Anregungen des Landesjugendring müssten den Weg in den Ausschuss für bürgerschaftliches Engagement und Partizipation finden.
Um weitere Hürden abzubauen, die an Schule, Hochschule, Arbeit, im ÖPNV und bei der Anerkennungskultur junges Ehrenamt erschweren, müsse man außerdem weitere Ausschüsse mit dem Landesjugendring Berlin zusammenbringen, so Marianne Burkert-Eulitz. Gemeinsam mit den Ressorts für bürgerschaftliches Engagement, Bildung, Jugend und Familie sowie Wissenschaft und Forschung sollen jetzt Lösungen gefunden werden, um jungen Menschen ehrenamtliches Engagement in der Hauptstadt zu erleichtern.
"Die Gleichstellung von Juleica und Ehrenamtskarte wird kommen"
Nach der Diskussion übergab Sawsan Chebli, Staatssekretärin für bürgerschaftliches Engagement, den Preis des Instagram-Wettbewerbs "Ein Raum voll Ehrenamt". Chebli lobte in ihrer Ansprache das ehrenamtliche Engagement aller Jugendverbände und bedankte sich dafür, dass sich die jungen Menschen Tag für Tag ehrenamtlich in der Stadt engagieren. Dieses vielfältige Engagement müsse aber auch sichtbarer werden.
Außerdem hatte die Staatssekretärin noch ein Versprechen mitgebracht: „Die Gleichstellung von Ehrenamtskarte und Juleica wird kommen!“ sagte Chebli und bezog sich damit auf eine Forderung der Landesjugendring-Kampagne. Dies wäre in der Tat eine schöne Anerkennung für ehrenamtliche Jugendleiter_innen, die sich überdurchschnittlich in der Stadt engagieren.