Blick von hinten über die Schulter einer Frau, die ein Tablet mit einer Checkliste in der Hand hält.

Berlin braucht eine Jugendstrategie!

Anders als in anderen Bundesländern hat Berlin bislang keinen Plan für eine eigenständige Jugendpolitik. Der Landesjugendring Berlin erwartet daher die ressortübergreifende Erarbeitung einer Berliner Jugendstrategie für die kommende Legislaturperiode. Dazu gehört ein Berliner Jugendcheck, regelmäßige Jugendberichte und die verbindliche Beteiligung junger Menschen.

Diese Punkte erwarten wir für die ressortübergreifende Erarbeitung einer Berliner Jugendstrategie:

  • die Einführung eines Berliner Jugendchecks im Sinne einer Gesetzesfolgenabschätzung für das Leben junger Menschen
  • die regelmäßige Erstellung von Jugendberichten mit einer Darstellung der Lage junger Menschen in der Stadt und der wichtigsten Entwicklungstendenzen und Vorschläge zur Weiterentwicklung der Jugendpolitik nach §43 AG KJHG
  • ein ressortübergreifend abgestimmtes Flächen- und Immobilienmanagement, das die Interessen und Bedarfe junger Menschen berücksichtigt
  • ein ressortübergreifendes Konzept zur verbindlichen Beteiligung junger Menschen mit Verankerung im Bezirksverwaltungsgesetz

Berlin wird jünger, auch nach Corona

Die Maßnahmen zur Eindämmung der Covid 19-Pandemie der letzten eineinhalb Jahre haben es deutlich gemacht: Berlin braucht eine Eigenständige Jugendpolitik, die junge Menschen ressortübergreifend und systematisch in den Blick nimmt. Die Interessen, Bedürfnisse und Wünsche junger Menschen sind in der Pandemie zu wenig berücksichtigt worden, sei es in der Schule, in der Freizeit oder in Bezug auf ihre Zukunftsperspektiven. Dies gilt umso mehr, als in der Pandemie bereits bestehende Ungleichheiten aufgrund prekärer Lebenssituationen noch verstärkt wurden.

Die Zahl der 14- bis unter 27-Jährigen ist in Berlin von 2015 bis 2021 um 3,5% gestiegen, bis 2030 wird ein weiteres Wachstum um 4% auf 512.000 Jugendliche und junge Erwachsene prognostiziert. Junge Menschen sind eine wachsende Gruppe der Berliner Bevölkerung. Auf die damit verbundenen Herausforderungen muss die Politik reagieren, bspw. in Bezug auf Schule, Jugendhilfe, Berufsausbildung, Wohnen oder Mobilität. Eine Eigenständige Jugendpolitik, die die Lebensphase Jugend als Ganzes betrachtet, muss dabei zum einen Bedürfnisse und Interessen junger Menschen stärker berücksichtigen und zum anderen Teilhabemöglichkeiten für alle jungen Menschen sicherstellen.

Auf Erfolgen aufbauen und mehr Wirkung entfalten

Eine Eigenständige Jugendpolitik fehlt bisher in Berlin, anders als auf Bundesebene und in  Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Grundlage für eine Eigenständige Jugendpolitik stellt eine Jugendstrategie dar, die ressortübergreifend vom Berliner Senat entwickelt werden muss. Dabei kann der Senat auf wichtige politische Erfolge der letzten Jahre aufbauen: Das Jugendförder- und Beteiligungsgesetz hat die Jugendarbeit und die Beteiligung junger Menschen deutlich gestärkt, die Jugendberufsagentur unterstützt Jugendliche beim Übergang Schule-Beruf.

In der Verkehrspolitik wurde mit günstigen ÖPNV-Tickets für Kinder und Jugendliche deren Mobilität gefördert, eine fahrrad- und fußgänger_innenfreundliche Politik ist ebenso im Interesse junger Menschen. Die Ehrenamtsstrategie des Senats nimmt die spezifischen Belange junger Menschen im Engagement auf und Klimapolitik sichert die Lebensgrundlagen gerade der jungen Generation. Diese einzelnen Maßnahmen stehen aber oft unverbunden nebeneinander und könnten, eingebettet in eine Jugendstrategie, mehr Wirkung entfalten und sichtbarer sein.

Jugendliche über Ressorts hinweg begleiten, beteiligen und Orientierung geben

Kern einer Eigenständigen Jugendpolitik ist es, allen Jugendlichen attraktive gesellschaftliche Perspektiven und gleichberechtigte Teilhabemöglichkeiten zu eröffnen. Es geht darum, Jugendliche und junge Erwachsene bei ihrer Suche nach Orientierung und bei der Erprobung von Lebensentwürfen zu unterstützen und zu begleiten. Eine Eigenständige Jugendpolitik betrachtet einzelne Teilaspekte der Lebensphase Jugend nicht isoliert, sondern versteht die Gestaltung jugendlicher Lebenslagen als eine politische und gesellschaftliche Gesamtaufgabe. Dabei werden die unterschiedlichen individuellen Lebenssituationen junger Menschen berücksichtigt. Eine Eigenständige Jugendpolitik richtet sich an alle jungen Menschen. Sie wirkt vorbeugend und ausgleichend, um allen Jugendlichen faire Chancen und Teilhabe zu ermöglichen.

Eine Berliner Jugendstrategie muss erarbeitet werden

Eine Berliner Jugendstrategie als Grundlage einer Eigenständigen Jugendpolitik muss von einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe des Berliner Senats unter Federführung der für Jugend zuständigen Senatsverwaltung entwickelt werden. Eine Berliner Jugendstrategie würde der in §44 AG KJHG vorgesehenen „Vorlage von kinder- und jugendpolitischen Leitlinien durch den Senat an das Berliner Abgeordnetenhaus zu Beginn einer jeden Wahlperiode“ entsprechen. Das ist seit mehreren Legislaturperioden nicht mehr passiert.

Zentrale Politikfelder, die für eine Eigenständige Jugendpolitik eine hohe Relevanz haben:

  • Schule, Hochschule, Berufsausbildung
  • Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit, Jugendhilfe
  • Arbeit
  • Mobilität, Verkehr
  • Soziale Sicherung
  • Demokratie, Vielfalt, Teilhabe
  • Sicherheit im öffentlichen Raum
  • Wohnen, Stadtplanung
  • Kultur, Medien

In die ressortübergreifende Entwicklung der Berliner Jugendstrategie sollten Jugendliche, ihre Selbstorganisationen und Zusammenschlüsse sowie Fachorganisationen einbezogen werden.

Weitere Informationen zur Eigenständigen Jugendpolitik:
https://www.jugendgerecht.de/downloads/jugendgerecht_Broschre_Leitlinien_190702_RZ.pdf

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